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Das Lostorfer Gemeindemagazin

EIN GROSSER TAG FÜR JANIS UND ETIENNE

Seit drei Jahren bietet die Musikschule Lostorf im Rahmen des Blechblasunterrichts auch das Alphorn als Instrument zum Erlernen an.
Vor den Sommerferien konnten Janis Büchler und Etienne Ming ihre eigens für die gebauten Alphörner in Habkern/BE ob Interlaken abholen.

Alphorn – eine kostspielige Angelegenheit
Die Instrumenten-Beschaffung eines Alphorns ist bei weitem kostspieliger als bei den gängigen Instrumenten, welche man meistens in attraktiven Mietkäufen erwerben kann.
Die erste Alphorn-Schülerin der Musikschule Lostorf, Nina Scheuber (siehe 3Rosenblatt vom August 2017), hatte Glück und konnte damals eines der wenigen in der Schweiz angebotenen, gebrauchten Alphörner mit guter Spielqualität kaufen.
Anders erging es Janis Büchlers Eltern, welche ein Jahr lang ein mässig gut spielbares, altes Alphorn mieten mussten, bei welchem zudem die Miete nicht an ein neues Instrument angerechnet wurde. Eine gute Gelegenheit für Janis, zu beweisen, dass er Ausdauer und Wille hat, dieses spezielle Instrument zu erlernen.

Etienne Mings Eltern wiederum hatten beschlossen, gleich mit dem Kauf eines neuen Alphorns ohne Mietvertrag zu starten.
Ein Alphorn-Kauf ist eine Herzensangelegenheit, wie die folgende Geschichte zeigt.

5 Monate – eine «Ewigkeit»
Vor fünf Jahren hatte ich zum ersten Mal Kontakt mit dem noch jungen Alphornbauer Heinz Tschirmer aus Habkern/BE, als wir ein Alphorn für meine Frau suchten. Damals eher noch unbekannt, gilt er heute als einer der besten Alphornbauer der Schweiz. Die Auswahl und Anschaffung eines Alphorns ist eine Entscheidung die langfristige Konsequenzen hat. Zum Vergleich: Mein Alphorn ist nun knapp 40 (!) Jahre alt und immer noch topp und der damals berühmte Alphornbauer Hans Kropf aus Eriz/BE seit Jahrzehnten gestorben.
Zwar kannte ich die sehr gut zu spielende Alphörner von der Firma «Bernatone» aus Niederbipp/BE, meinte aber, dass es diese Firma seit der Pensionierung des Inhabers nicht mehr gäbe. Den Tipp, dass die Firma aufgekauft und unter demselben Namen von einem jungen Alphornbauer weitergeführt würde, verdanke ich dem bekannten Lostorfer Alphornbläser Erich Leimgruber, der im Übrigen auch ein «Bernatone»-Alphorn spielt. Mittlerweile hat es sich die ausgezeichnete Spielbarkeit und der gute Klang der Alphörner von Heinz Tschirmer herumgesprochen und er produziert meist nur noch auf Bestellung. So muss mit einer mindestens 3- bis 4-monatigen Wartezeit ab Auftragserteilung gerechnet werden. Die beiden Alphörner wurden also im März in Auftrag gegeben, damit sie sicher zum Schuljahresbeginn abgeholt werden konnten. Die Alphörner wurden ohne Zusatzkosten vierteilig (an Stelle der üblichen drei Teile) gebaut. So wird der Transferweg, sprich das Tragen zum Unterricht, für die Jungs einfacher und die Verpackung nicht länger als sie selbst.
Heinz Tschirmer produziert jeweils 4 bis 6 Alphörner gleichzeitig, je nach Menge der Zulieferung des ausgesuchten Fichtenholzes als Grundmaterial. Obwohl alle Alphörner millimetergenau gleich gebaut werden, erhalten sie später dennoch einen eigenen Charakter und eine eigene Dynamik durch die Anspielung der Spielenden. Dabei hat die Anzahl und Anordnung der Verästelungen im Holz einen grossen Einfluss. Der gegenüber anderen Alphörnern im Vergleich auffallend langsam zunehmende Verlauf des «Trichters» (Ausklang) hat sicher ebenfalls einen grossen Einfluss auf den vorzüglichen Klang der «Bernatone»-Alphörner. Vieles bleibt dabei jedoch geheim.

Endlich ist es soweit…
An einem bedeckten Sonntagmorgen geht es auf die rund zweistündige Autofahrt Richtung Interlaken. Die beiden Familien verbinden das Abholen der Alphörner auch mit einem Ausflug in der Region. Das Schaufenster mit selbstgemachtem Käse und Andenken aus Holz sowie Alphörnern wird in den wenigen, aber schmucken Holzhäusern von Habkern schnell gefunden.
Vier Alphörner stehen bereits zum Ausprobieren bereit. Janis und ich packen zudem unsere Alphörner als Vergleichs-Referenz aus.
Während sich nun Janis und ich ans Einspielen und Ausprobieren machen, führt Heinz Tschirmer Etienne und seine Eltern durch seine Schreinerei. Relativ rasch wird für Janis klar, auf welches Alphorn seine Wahl fällt. Im Vergleich zu den anderen gefällt ihm vor allem der Klang. Aber auch die angenehm gute Ansprache des Instrumentes beindruckt ihn. Wir hatten vorgängig vereinbart, dass ich ihm meine Wahl für ihn erst am Schluss mitteilen würde. Es war jedoch für uns beide rasch klar, dass es genau dieses Eine sein würde.

Nach meiner kurzen Prüfung auf die Intonation (Stimmung) werden die Familien-Gruppen gewechselt und Etienne ist an der Reihe, während die Familie Büchler sich den Alphornbau erklären lässt. Etienne hat erst wenige Male in ein Alphorn geblasen und ein Vergleich ist deshalb für ihn nicht möglich. Erstaunlicherweise hat aber auch er sich relativ rasch für ein Instrument (Zum Glück nicht das Gleiche wie Janis) entschieden.

Für Etienne ist ebenfalls die Ansprache des Instrumentes ausschlaggebend und vielleicht ist auch die schöne Bemalung etwas mitentscheidend. Alle Anwesenden haben exemplarisch miterlebt, dass, obwohl die Alphörner äusserlich kaum zu unterscheiden sind, sie dennoch sehr individuell klingen und zu spielen sind.

Nach der Erklärung von Pflege und Unterhalt der Instrumente demonstriert Heinz Tschirmer seine Neuentwicklung: Die Herstellung von individuell angepassten Alphorn-Mundstücken aus Olivenholz. Während die beindruckende Herstellung auf der vollautomatischen CNC-Drehbank nur wenige Minuten dauerte, benötigt die Programmierungsarbeit dafür rund einen halben Tag!
Strahlende Jungs verlassen Habkern nach Kaffee und Guetzli mit ihrem ganz persönlichem Instrument und ihren beeindruckten Eltern wieder Richtung Unterland. Glücklich und im Wissen, dass die Alphorn-Auswahl eine Herzensangelegenheit ist.

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