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Das Lostorfer Gemeindemagazin

Einer, der auszog, um «Held der Pisten» zu werden …

Anfang April traf ich mich mit Yannick John um 15.45 Uhr an der Talstation Schluhmatt in Zermatt, um ihn bei einem Arbeitseinsatz zu begleiten.

Yannick ist 22 Jahre jung und zusammen mit zwei Geschwistern bei seinen Eltern in Lostorf aufgewachsen. Er verbrachte in seiner Jugendzeit jede freie Minute auf dem Hof seines Onkels in Mahren und liebte schon damals die grossen Maschinen. Seinerzeit vergnügte er sich noch auf Traktoren oder Heumaschinen. Heute, in Zermatt, arbeitet Yannick als einer von 40 Pistenbully-Fahrer, welche insgesamt 24 Pistenbullys bedienen. Von der Zermatter Bevölkerung liebevoll «Helden der Pisten» genannt. Bereits in der Gondel Richtung Trockener Steg, zum Standort der Pistenbullys, erzählte Yannick begeistert von seiner Passion.

Yannick, wie kamst du auf die Idee Pistenbully-Fahrer zu werden und weshalb ausgerechnet in Zermatt?

Mein Gotti wohnt in Zermatt. Anlässlich meiner regelmässigen Besuche bei ihr faszinierten mich diese riesigen Maschinen schon als kleiner Knopf. In meinen Skiferien suchte ich als erstes immer die Pistenbullys. 

Was sind die Voraussetzungen für diesen Job?

Man muss im Besitze des Führerausweises und mindestens 18-jährig sein. Als ich mich vor 3 Jahren für diese Stelle bewarb und sie bekam, war ich knapp 19-jährig und somit der jüngste Fahrer in Zermatt. Zu Beginn meiner Anstellung fuhr ich während zwei Tagen mit meinem Chef Rinaldo Kuonen in dessen Pistenbully mit. Bereits am dritten Tag durfte ich, zu meiner Freude, selbst diese gewaltige Maschine steuern. Dies war für mich ein eindrücklicher, prägender Moment (Yannick strahlt)! Pistenbully fahren kann man nicht lernen, denn es gibt keine Fahrschule. Es braucht sehr viel Gespür und viele Stunden in der Maschine, um sie zu beherrschen.

Ist es nicht ein mulmiges Gefühl bei schlechtem Wetter, dichtem Nebel oder heftigem Schneefall ganz allein unterwegs zu sein?

Es ist schon speziell, bei schlechter Witterung auf den Pisten zu sein. Vor allem ist das Wetter in dieser Höhe extrem dynamisch und der Wind der stärkste Gegner. Wir sind niemals alleine auf dem Berg unterwegs – immer in Teams und immer via Funk miteinander in Kontakt.

Ich nehme an, die Maschine ist mit einem GPS ausgestattet …

Nein. Wie die Skifahrer orientieren auch wir Bully-Fahrer uns an den Pistenmarkierungen. Mit der Zeit kennt man die Pisten in- und auswendig. Sicherlich ist immer ein gewisses Risiko dabei – dieser Job verlangt volle Konzentration! Das einzige Zusatzgerät, das es für Pistenbullys gibt, sind Schneehöhenmessgeräte auf der Basis von GPS. Diese haben wir in Zermatt jedoch noch nicht, weil ein Viertel der Pisten auf dem Gletscher verläuft.

Wie sind die Arbeitszeiten geregelt? 

Es gibt zwei Schichten. Die Frühschicht dauert von 04.30 bis 12.00 Uhr, die Spätschicht von 16.00 bis 24.00 Uhr. Nach zwei Tagen Frühschicht folgen jeweils vier Tage Spätschicht und anschliessend zwei freie Tage.

Macht dir das frühe Aufstehen sowie das Arbeiten bis spät in die Nacht hinein nicht zu schaffen? 

Es ist mir bewusst, dass ich mich vor einer Frühschicht nicht ins Zermatter-Nachtleben stürzen kann, aber das versteht sich von selbst. Ich bin in Zermatt, vor allem um zu arbeiten. Das Schöne an der Schichtarbeit ist, dass ich tagsüber, wie die Gäste auch, zum Skifahren auf die Piste darf und mich am Vorabend einer Spätschicht auch mal auf ein Bierchen mit meinen Bully-Kollegen treffen kann. Vergangene Saison kam das Gesellige coronabedingt leider nur selten bis gar nicht zum Zug. So kam es, dass ich mich entschied, eine weitere Saison in Zermatt – in der Hoffnung auf Normalität, sprich ohne Corona – erleben zu dürfen.

Was ist das faszinierende an dieser Arbeit? 

Sicherlich diese gewaltige, bullige Maschine allein steuern zu dürfen und die Technik. Alles an dieser Maschine ist riesig und schwer (Yannick ist einer der wenigen Pistenbully-Fahrer, der mit einer Windenmaschine fährt). Mit Windenmaschinen präpariert man die Steilhänge im Skigebiet. Diese Maschine ist mit einem 1200m langen und 11mm dicken Stahlseil ausgerüstet, welches an fixierten Felsankern oder Stahlträgern eingehängt werden kann und so den Fahrer unterstützt. Ich kann damit bis zu 4,5 Tonnen Zug auf die Winde geben, um die Maschine an den Hang zu ziehen, und somit die Kraft auf den Boden übertragen. Die Winde ist nur eine Unterstützung und keine Sicherung! Auch so kann der Pistenbully ins Rutschen kommen. Aber man hat immer im Hinterkopf, dass man so die Maschine besser auffangen kann. Es gab schon mehrere Situationen, in denen die Winde die Rettung, der goldene Joker, war.

Was bereitet einem Pistenbully-Fahrer am meisten Sorgen?

Das Schlimmste sind die Ski-/Snowboardfahrer, welche nach dem Pistenschluss von 17.00 Uhr – vom letzten Apéro bereits angeheitert – ihre Fahrkünste überschätzen und über die bereits von uns präparierten Bahnen fahren. Zu äusserst gefährlichen Situationen kommt es immer wieder bei kurvigen, unübersichtlichen Pistenabschnitten, wenn der Pistenbully mit der Winde arbeitet. Hier ist das Seil über längere Zeit auf grössere Distanz gespannt und oftmals erst auf den letzten Blick erkennbar – wenn überhaupt. Deshalb appelliere ich an alle Ski-/Snowboardfahrer: Haltet euch an die Pistenregeln und beachtet den Pistenschluss! Denn auf den Pisten gilt für die Pistenbullys das Strassenverkehrsgesetz. Nach Pistenschluss ist das Skigebiet gesperrt, der Bully hat absolute Vorfahrt. Somit ist es verboten, sich auf den Pisten aufzuhalten! Die meisten Personen sind sich nicht bewusst, dass man mit dem Ticketentzug und/oder einer Anzeige rechnen muss!

Pistenbully-Fahrer arbeiten nur im Winter. Was machst du im Sommer? 

Die Wintersaison hier in Zermatt dauert jeweils von November bis Ende April. Im Sommer wohne ich bei den Eltern und arbeite im Strassenbau im Niederamt. Diese Arbeit lässt sich mit der Arbeit als Pistenbully-Fahrer ideal vereinbaren. 

Es war mir ein grosses Vergnügen, dich Yannick, im Pistenbully begleiten zu dürfen. Herzlichen Dank!


Zahlen und Fakten zu meiner Maschine

MaschinePrinoth Leitwolf welche in Sterzing (Italien) produziert werden
Max. Geschwindigkeit22,5 km/h
Wenderadius0 (Null) m, also um die eigene Achse drehbar
SteigvermögenJe nach Schneebeschaffenheit bis zu 100 %
MotorTurbodiesel
Leistung390 kw / 530 PS
Drehmoment2460 nm
Hubraum12 800 cm³
Tankinhalt Diesel260 Liter
Tankinhalt AdBlue40 Liter
SpeziellesVoll beheizbare Front- und Seitenscheiben,  sowie Scheibenwischer und Rückspiegel
WindeMax. Seillänge: 1200 Meter Dicke des Seils: 11 Millimeter Max. Zugkraft: 4,5 Tonnen
Gewicht der Maschine13 990 Kilogramm

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